Nach der Schiffseinweisung für unsere beiden Gäste legten wir ab und starteten erst unter Motor, später unter Segeln, dann wieder unter Motor nach Zakinthos. Schon in der Hafeneinfahrt wummerten uns laute Bässe entgegen und als beim Anlegen mehrere Einhörner, Super Marios und ähnliches Viehzeug über die Pier spazierte, war uns schnell klar, dass heute Karneval war. Auf dem Stadtplatz hatten sich bei bestem Wetter jede Menge Jecken versammelt, ein Kinderbalett gab sein bestes und die Straßen waren von Konfetti und Luftschlangen übersäht. Und das mitten in Griechenland!

Abends stieß Philip zu uns und so starteten wir am nächsten Morgen zu fünft nordwärts. Mit einer wilden Mischung aus Flaute und stärkerem Wind statteten wir erst den “blue caves” an der Nordspitze Zakinthos’ einen Besuch ab und segelten dann weiter über Ithaka nach Atokos, wo wir in der unter beeindruckenden Felswänden gelegenen “One House Bay” ankerten. In der gesamten Woche hatten wir zwar viel Flaute, aber unglaubliches Glück mit dem Wetter: Sonne und über 20°C boten uns einen Vorgeschmack auf den mediterranen Frühling. Wir wanderten auf Kalamos und kletterten im Sportklettergebiet von Mytikas, bevor wir auf der Fahrt nach Lefkas eine unserer spektakulärsten Delfinsichtungen aller Zeiten hatten. Die Meeressäuger sprangen aus dem Wasser und schwammen aktiv um unseren Bug herum. Teilweise drehten sie sich auf die Seite und blickten genauso neugierig zu uns hinauf wie wir zu ihnen hinunter.

 

Auf Lefkas verließ uns unsere Crew leider wieder und wir arbeiteten mal wieder viel am Boot: Fredi kümmerte sich unter anderem um neue Wandverkleidungen in der Kombüse und wir bauten einen neuen Autopiloten ein, der dann, fast überraschenderweise, auch tatsächlich funktionierte! An dieser Stelle vielen herzlichen Dank an meine Mutti für den Zuschuss!


Über Preveza und Paxos segelten wir nordwärts nach Sivota und waren damit nur noch wenige Seemeilen entfernt von unserem damaligen Startpunkt Plataria. Hier wetterten wir ein paar Gewitter ab und setzten unsere Fahrt nach Korfu fort. Der Liegeplatz direkt unterhalb der alten Festung hatte einen ganz besonderen Charme, auch wenn er kaum Schutz vor Wind und Welle bot und die Nacht entsprechend unruhig war. Früh am Morgen kam Balthasar an Bord und begleitete uns für vier Tage, an denen wir es bis Italien schaffen wollten. Zuerst ging es durch die Meerenge zwischen Korfu und Albanien nach Erikoussa. Die kleine Insel bot eine tolle Mischung aus Sandstränden, Steilküste und dicht bewaldeten Hügeln mit blühender Vegetation im Inselinneren und ließ sich in etwas über einer Stunde wandernd umrunden. Wir waren die einzigen Fremden auf dem gesamten Inselchen und hatten das Gefühl, wirklich auf dem letzten Außenposten der griechischen Zivilisation angekommen zu sein. Nach einem kleinen Hüpfer zur Nachbarinsel Othonoi legten wir dort eine abendliche Verschnaufpause ein, bevor wir uns auf die längere Überfahrt nach Italien machten. Hier hatten die Wellen eines Südsturms eine Bavaria auf die Mole geschmettert, die unserem Schiff erschreckend ähnlich sah. Große Teile waren bereits zerstört, aber wir konnten einen Ersatz-Schranktürbefestigungspinökel erbeuten, der fortan auf unserem Schiff weiterleben durfte. Nach Einbruch der Dunkelheit legten wir ab und starteten mit aufgehendem Vollmond in Richtung Italien. Der Wind ließ uns schnell segeln, aber an Schlaf war nicht zu denken. In den frühen Morgenstunden passierten wir das Kap von Leuca und setzten die Fahrt durch den Golf von Tarrent fort. Der Wind flaute zusehends ab und den Rest der Fahrt mussten wir die Maschine zu Hilfe nehmen. Spät nachmittags liefen wir in Ciro Marina ein, einem armen Städtchen weitab vom Tourismus. Schön war es dort mit Verlaub nicht, aber der behelfsmäßige Liegeplatz am Kransteg im Fischereihafen war gratis und wir freuten uns über die erste echte italienische Pizza, bevor wir müde in die Kojen fielen. Am nächsten Tag kreuzten wir uns nach Crotone auf, dem Hauptstädtchen der gleichnamigen Provinz und der angeblich mafiösesten Stadt Italiens. Hier wurden wir herzlich empfangen und der charmante Hafenmitarbeiter schenkte uns zur Begrüßung nicht nur eine Flasche Wein, sondern brachte uns am nächsten Morgen sogar gefüllte Criossants vorbei. Abends stieg der Mafiaboss persönlich (zumindest sah er so aus) langsam aus seinem Wagen aus und schüttelte uns zur Begrüßung mit extravaganter Kleidung, gegeltem Haar und dunkler Sonnenbrille die Hand. Als er erfuhr, woher wir stammten, hisste er vor dem Bürogebäude eine große Deutschlandflagge. Wir bedankten uns höflich, aber fragten uns gleichzeitig, wie viele Leute mit Betonklotz an den Füßen sich wohl unter unserem Kiel im Hafenbecken befanden. Auch Crotone war arm und eher wenig sehenswert, aber wir freuten uns sehr über den ersten italienischen Supermarkt, dessen Auswahl und Qualität die griechischen Läden des letzten halben Jahres weit übertraf. Eis essen, Diesel tanken und Wäsche waschen gehörten ebenfalls zum Pflichtprogramm, bevor wir unsere Fahrt in Richtung Sizilien fortsetzten.