Zügig umrundeten wir die Südspitze Kalabriens und mit Blick auf den schneebedeckten Ätna erreichten wir die Straße von Messina. Die Nachtfahrt in die Straße hinein war ein einmaliges Erlebnis: Das Lichtermeer der Großstädte auf beiden Seiten, der Sternenhimmel über uns und die schwach funkelnden Lampen der zahlreichen Fischerboote auf dem Wasser. In Reggio di Calabria übernachteten wir in der schlimmsten, dafür aber auch teuersten Marina unseres bisherigen Törns: Der Hafen lag direkt unterhalb einer mehrstöckigen, in die steile Küste gebauten Galerie, deren Basis ein belebter Bahnhof bildete. Ein Stockwerk höher befand sich die Autobahn. Die Geräuschkulisse wurde von den großen Wellen der in regelmäßigen Abständen ein- und auslaufenden Schnellfähren nach Sizilien abgerundet. Aber immerhin war es nur für eine Nacht und der Alternativhafen im gegenüber liegenden Messina war noch schlechter bewertet. Am nächsten Morgen ging es mit stark auffrischendem Südwind durch die Straße von Messina weiter nordwärts. Mit sieben Knoten Fahrt schlugen wir Haken zwischen den vielen Fähren hindurch, überquerten das Verkehrstrennungsgebiet (eine Art Autobahn für große Schiffe) und segelten ins Tyrrhenische Meer hinein. Auf westlichem Kurs ging es küstenparallel weiter nach Milazzo, wo wir drei Tage blieben, um ein Starkwindsystem abzuwettern. Die Zeit nutzten wir, um mit einem Mietauto Sizilien zu erkunden und Wandern zu gehen. Milazzo selbst war sehr schön auf einer Halbinsel gelegen und hatte eine wunderschöne alte Festung. Ansonsten gab die Stadt nicht sehr viel her, aber ihr kulinarisches Angebot genossen wir in vollen Zügen: hervorragende Pizza, Eis, Croissants, Capuccino und die sizilianische Spezialität “Cannoli”, mit einer Ricottacreme gefüllte Teigröllchen.


Als der Wind abflaute, nahmen wir Kurs auf die Liparischen Inseln. Der fortwährend vor sich hin dampfende Vulkan auf Vulcano war inzwischen leider für die Besteigung gesperrt worden bzw. nur noch als geführte Wanderung möglich. Wahrscheinlich, damit sich ein eventueller Ausbruch mehr lohnt, weil dann immerhin gleich eine ganze Gruppe ums Leben kommt. Doch jetzt in der Nebensaison wurden ohnehin keine geführten Touren angeboten, sodass sich die Frage nicht stellte, ob wir dafür Geld ausgeben wollten. Bei angedrohten und laut Internet wohl auch häufiger mal verhängten Strafen von 500€ nahmen wir von einer illegalen Wanderung lieber Abstand. Vom ebenfalls schönen und legalen Nachbarberg konnte ich immerhin mit meinem Gleitschirm starten, meine erste Fluggelegenheit seit Beginn des gesamten Törns! Doch einen richtigen Vulkan sollten wir durchaus noch zu Gesicht bekommen: In den Sonnenuntergang hinein fuhren wir vor die Insel Stromboli, deren gleichnamiger Vulkan alle paar Minuten eine kleine Portion Feuer spuckt, die größeren Eruptionen begleitet von einem beeindruckenden tiefen Donnern. Wir stellten den Motor ab und trieben völlig allein in tiefschwarzer Nacht auf dem Meer, das durch Leuchtalgen und Leuchtquallen blau schimmerte, während zwei Delfine unser Schiff umschwammen. Es war ein gleichermaßen majestätisches wie gespenstisches Erlebnis! Wir mussten an “den Schwarm” denken…

 

Vor Panarea fiel der Anker und am nächsten Tag wanderten wir auf den zur Westseite steil abfallenden höchsten (und einzigen) Berg der Insel, ebenfalls einen, wenn auch inaktiven, Vulkan.

 


Weiter ging es unter Segeln nach Cefalu auf der Nordseite Siziliens, einem malerischen Städtchen am Fuße eines gewaltigen Felsens. Hier durften wir einen Tag länger bleiben als geplant, denn am nächsten Morgen sprang unser Motor einfach nicht an. Beim Drehen des Zündschlüssels passierte einfach überhaupt nichts. Wir überprüften alles, was wir konnten, aber es war kein Fehler zu finden: Die Batterie war ausreichend geladen und alle Kabelverbindungen intakt, aber der Anlasser bekam keinen Strom. Fredi fragte in der Bar bei den Fischern nach, während die Bardame übersetzte und in Erfahrung brachte, dass es hier wohl “Mecanico Cosimo” gab, der um 15 Uhr im Hafen sei. Wie die meisten hier sprach auch er kein Wort Englisch, aber das Problem war schnell vorgeführt und so machte er sich an die Arbeit. Durch meine Sprachbarriere war es mir leider nicht möglich, zu erklären, was wir alles schon versucht hatten und so machte er sich ans Durchmessen der Batterien, schaltete den Batteriehauptschalter mehrmals aus und wieder an, während ich immer wieder versuchen sollte, den Motor zu starten. “Accende” heißt offenbar “Starten” und “stacca” “stoppen”, so viel hatte ich schnell gelernt. Ein weiteres Wort verstand ich nicht, aber er erklärte es kurzerhand durch das entsprechende Geräusch: “Wrrrrruuuum, wrrrruuuum!”, also “Gas geben”. Nichts half und so stand Cosimo letztendlich vor unserem auf Deutsch beschrifteten elektrischen Schaltpanel, wo er vermutete, dass unser Wassertankstandanzeigenumschalter (schaltet die Füllstandanzeige von Tank 1 zu Tank 2 um) der Umschalter von Start- und Verbraucherbatterie wäre. Nein, “agua”, sagte ich, “blubb, blubb, blubb”. Trotzdem betätigte er den Umschalter ein paar Male und siehe da, der Motor ließ sich problemlos starten! Und das reproduzierbar. Wir hatten keine Ahnung, warum, und wussten auch nicht, ob Cosimo irgendeine Ahnung hatte, warum. Aber da inzwischen 6 Wochen ins Land gezogen sind, kann ich behaupten, dass er den Motor erfolgreich “repariert” hat. Immerhin war es günstig und schnell.

Mit einem Zwischenstopp segelten wir in das uns schon von zwei Landurlauben bekannte San Vito lo Capo, wo wir ein paar Tage Pause und Zeit zum Klettern und ich für einen weiteren Gleitschirmflug hatten, bevor wieder eine Crew an Bord kam.