Ende Januar kehrten wir nach Leros zurück und bewunderten unser überholtes und jetzt tipp-topp aussehendes Unterwasserschiff. Völlig überraschend für die Werft wurde der Kran genau zu unserem geplanten Kran-Termin gewartet und so erhielten wir unfreiwillig ein paar zusätzliche Tage an Land. Die nutzten wir, um eines unserer größten Probleme an Bord in den Griff zu kriegen, nämlich das laute Knarzen der Wand zu unserer Achterkajüte bei jeder kleinsten Bewegung des Schiffs. Klingt erst einmal wenig dramatisch, aber das repetitive staccatoartige nahezu Knallen des Holzes hatte uns schon viele Nächte den Schlaf gekostet und war, für viele wahrscheinlich unvorstellbar, einer der Hauptgründe, unsere Reise eventuell vorzeitig abzubrechen und das Boot zu verkaufen. Da es jedoch gleichzeitig ein unglaublich blöder Grund war, beschlossen wir, alle Stellen, an denen Holz auf Holz rieb, großzügig aufzusägen und mit nicht-knarzfähigen Materialen aufzufüllen. Notfalls, so hatten wir uns geeinigt, würden wir die gesamte Wand zersägen und damit eine großzügige Wohn-Schlafzimmer-Kombination erschaffen, wenn uns das Boot dann nur schlafen ließe. Und so begannen wir die von Fredi so genannte “Entknarzifizierung” und ich sägte, was das Zeug hielt. Nur kurze Zeit später klaffte ein Spalt zwischen Boden und Wand und, siehe da, das Knarzen war weg! Nicht komplett zwar, aber das laut knallende immerhin. Da hatten wir ein halbes Jahr lang schlecht geschlafen, viele schöne Buchten wegen unruhigen Wassers vermieden, uns zu zweit in die Bugkajüte gezwängt oder in mühevoller Arbeit mit dem Beiboot den Zweitanker ausgebracht und morgens wieder eingeholt, damit das Schiff mit der Längsachse zu den Wellen lag, um jetzt festzustellen, dass eine halbe Stunde sägen das Problem gelöst hätte. Nun ja. Wir füllten den Spalt mit Butyl aus und freuten uns auf ganz neue Möglichkeiten.


Nach der Wasserung segelten wir entlang der Insel zur Marina Lakki, wo wir gut geschützt festmachten, um den für die kommenden Tage angesagten Sturm abzuwettern. Zufällig lagen Adrian und Denise zwei Plätze neben uns, die beiden hatten wir im Vorjahr auf Kos kennengelernt und freuten uns sehr über das Wiedersehen mit Leuten in unserem Alter. Denn soziale Kontakte hatten wir, von unseren Mitsegelnden abgesehen, auf dem Törn wenig, sind die meisten anderen Yachteigner doch oft im Rentenalter und darüber. Wir nutzten die Zeit in Lakki für Arbeiten am Boot und ein paar Spaziergänge, aber draußen war es mit Sturm und nur 6-10°C bitterkalt, auch wenn die Sonne schien. Vom Berg aus beobachteten wir das Meer außerhalb der schützenden Bucht von Lakki, es war komplett weiß und die Luft darüber mit Gischt gesättigt. Kein Schiff war zu sehen, auch der Fährverkehr war für die Tage eingestellt worden. Drei Tage später nahm der Wind auf 5-6 Beaufort ab und wir beschlossen, in See zu stechen. Unsere erste Etappe führte uns nach Levitha, im Winter schien die ohnehin nur von einer Familie bewohnte Insel komplett verlassen zu sein und so teilten wir uns die Insel beim nachmittäglichen Spaziergang nur mit ein paar Ziegen. Für die nächsten zwei Tage drehte der Wind auf Nordost und wehte konstant mit 5-6 Beaufort weiter, für uns die perfekte Windrichtung! Das nutzten wir und segelten zügig mit Skiunterwäsche, zwei Pullis, Jacke, Ölzeug, Stiefeln, Thermoskanne, Handwärmern, Wärmflasche, Mütze, Kapuze und Handschuhen jeweils 11-12h westwärts. Am ersten Tag ging es vorbei an Kinaros und Amorgos nach Ios, wo wir schon im Dunklen im leeren Stadthafen festmachten und dem Duft des direkt hinter uns liegenden Fast Food-Restaurants widerstanden, um aus Vernunft Nudeln mit verwelktem Brokkoli zu essen. Ein zweifelhaftes Vergnügen. Immerhin gab es Landstrom und wir konnten den Salon mittels Heizlüfter auf Wohlfühltemperatur bringen. Am nächsten frühen Morgen ging es weiter an Sikinos vorbei zur Bucht Vathi auf Folegandros, wo wir für eine kurze Mittagessens- und Aufwärmpause den Anker warfen, um anschließend weiter an Polyaigos und Kimolos vorbei nach Milos zu segeln. Wo keine schützenden Inseln im Weg waren, erreichten die Wellen etwa 2m Höhe, aber kamen schön geordnet aus einer Richtung, sodass das Segeln recht angenehm und mit dem starken Wind auch wunderbar schnell war. Dazu schien durchgehend die Sonne und die Luft war kristallklar! An Milos’ Nordküste wartete der “Endgegner” auf uns, es wurde schon dunkel und der Wind frischte abermals auf, zusätzlich wurden die Wellen an der Steilküste reflektiert und generierten eine hohe und unangenehme Kreuzsee. Mit nur einem kleinen Genuazipfel biss Moana sich mit konstant über 7 Knoten Fahrt durch die unruhige See, bis wir endlich in die geschützte Bucht von Milos einliefen. Im Hafen wehte immer noch ein starker Wind und drückte uns die ganze Nacht über an den Steg, wodurch wir leider einen altersschwachen Fender verloren.

Am nächsten Tag gönnten wir uns eine Pause, denn der Wind sollte konstant mit über 30kn (knapp 60km/h) wehen und als nächstes stand die offene Passage zur Peloponnes an. Vor zwölf bis vierzehn Stunden Fahrt mit hoher Welle von der Seite und eiskaltem Nordwind schreckten wir zurück, zumal wir das berüchtigte Kap Maleas umrunden mussten, und verschoben die Überfahrt auf den Folgetag. So erkundeten wir die Insel ein bisschen, tankten, wuschen Wäsche und erholten uns. Mit abflauendem Wind beruhigte sich die See erstaunlich schnell und nach ein paar Segelstunden mussten wir für den Rest der Überfahrt leider die Maschine nutzen. Spät abends erreichten wir die Ankerbucht von Elafonisos. Den wohl traumhaften Karibikstrand wollten wir am nächsten Morgen erkunden, doch bereits in der Nacht erreichte der Wind wieder weit über der Vorhersage liegende Stärken, sodass an Schlafen nicht mehr zu denken war. Immerhin, die Richtung stimmte und so starteten wir quasi vor dem Aufstehen in die nächste Segeletappe zum mittleren Peloponneskap und, da es so gut lief, gleich weiter zum dritten. Wieder einmal erst in der Dunkelheit ankerten wir in der geschützten Bucht vor Methoni, hier war es wunderbar ruhig. Wir schliefen aus und waren stolz, die gesamte Überfahrt vom Dodekanes bis zum Beginn des Ionischen Meeres in nur fünf Segeltagen geschafft zu haben. Am nächsten Tag begrüßten uns Sonne und Flaute und wir spazierten am Strand und aßen Eis. Der Ort war sehr schön und zum ersten Mal seit unserem Start hatten wir das Gefühl, nicht mehr im Skiurlaub, sondern wieder im Mittelmeerraum zu sein. Den nachmittags aufkommenden leichten Wind nutzten wir für einen kurzen, gemütlichen Segelschlag in die Navarinou-Bucht bei Pylos, die uns mit ihrem endlosen Sandstrand und den umgebenden Bergen schon auf dem Hinweg super gefallen hatte und ankerten vor dem Dorf Gialova. Nach einem Pausentag mit SUP-Tour und behelfsmäßiger Reparatur der defekten Ankerwinschfernbedienung tuckerten wir durch die Flaute nordwärts nach Katakolon, wo wir tankten und das antike Olympia besuchten. Es war wunderschön, nach der langen Zeit auf dem Meer mal wieder durch Wälder, über bunt blühende Wiesen und entlang eines rauschenden Bachs zu laufen. Vögel sangen, die Wintersonne wärmte und all das machte den Besuch der antiken Sportstätten zu etwas ganz besonderem für uns.