In einem “fliegenden Wechsel” auf Kos kam Fredi wieder zurück an Bord und auch Inken und Nikola stiegen zu, um mit uns eine Woche Segeln und Klettern um Kalymnos zu genießen. Am ersten Tag kreuzten wir uns gegen fast perfekten Segelwind (abgesehen von der Richtung…) nach Palionisos auf, eine wunderschöne fjordartige Bucht im Nordosten Kalymnos’ mit schönen Kletterwänden hoch über der Bucht. Auch Nikolas war da, ein älterer griechischer Tavernenbesitzer, der mit seinem Ruderkahn regelmäßig die dort im Bojenfeld liegenden Segelyachten abklappert und die Crews anquatscht. Sieben Sprachen beherrscht er nach eigener Angabe, und zumindest sein Deutsch ist ganz passabel. Im Gegenzug bleibt anscheinend wenig Speicherplatz für das visuelle Gedächtnis übrig und so werden alle jeden Tag aufs Neue nach ihren Namen gefragt und man hört sich die gleichen Geschichten mehrmals an. Ob man gerade erst vor einer Woche dort lag oder mehrere Tage am Stück vor Palionisos liegt, spielt dabei kaum eine Rolle. Zwar ist Nikolas sehr charmant und bringt den Damen an Bord gelegentlich sogar Schnittblumen aus seinem Garten mit, auf Dauer ist es aber ganz schön anstrengend. Als Kalymnos-“Wiederholungstäter” weiß ich inzwischen ziemlich viel über Nikolas, unter anderem, dass er selbst früher mehrere Kletterrouten erschlossen hat, früher bis zum Schwierigkeitsgrad 6c kletterte, dass er später aber Rückenprobleme bekam, sich operieren ließ, aber trotzdem noch Rückenprobleme hat. Und vieles mehr, beispielsweise in welchen deutschen Städten er schon war und wo seine Kinder wohnen. In seiner Taverne erlebt man noch das ursprüngliche Griechenland: Ein paar wenige Tische unter einem begrünten Vordach in einem bunt blühenden Garten, unzählige Katzen streichen um die Tische und frische Kräuter wachsen fast mannshoch direkt hinter den Tischen. Eine Speisekarte gibt es nicht, stattdessen berichtet Nikolas, welche zwei bis drei Gerichte am aktuellen Tag frisch im Kochtopf vor sich hin köcheln und welche kleinen Gerichte darüber hinaus spontan zubereitbar wären. Über letzteren Punkt gibt es dann jeweils hitzige Diskussionen mit seiner in der Küche stehenden Frau, die die Möglichkeiten offenbar etwas anders beurteilt (der Inhalt des Streitgesprächs erschließt sich auch ohne Griechischkenntnisse recht gut aus dem Kontext). Während der Wartezeit verteilt er seine alten Familien-Fotoalben, wobei es die Entstehungsgeschichten zu den Fotos gratis dazu gibt.

Diesmal entschieden wir uns jedoch gegen eine Einkehr bei Nikolas und kochten selbst an Bord. Im weiteren Verlauf der Woche umrundeten wir die Insel gegen den Uhrzeigersinn und besuchten die Klettergebiete The Beach, Dolphin Bay, Arginonta Valley und Vlychada. Außerdem arbeiteten wir mit der Hilfe der beiden und mit fernmündlicher Beratung durch Julius (danke!) ein bisschen am Boot, “reparierten” den Solarladeregler (am Ende war es nur ein loser Kontakt) und Fredi installierte die neuen Hupen.

Die Woche mit den beiden war sehr schön und wir waren traurig, als sie am Ende der Woche in Pothia von Bord gingen und in die Fähre nach Kos stiegen. Für Fredi und mich war erstmal wieder Arbeiten angesagt, wofür wir drei Tage im dortigen Hafen blieben. So gut der Hafen an sich auch geschützt war, so ärgerlich war es, dass die Schnellfähren mit hohen Geschwindigkeiten ein- und ausliefen und dabei ordentliche Wellen generierten. Und so wurde uns das Pech zuteil, bei einem dieser Ereignisse so durchgeschaukelt zu werden, dass wir im Wellental mit dem Ruderblatt mit einem spürbaren Stoß auf einen (ausgerechnet nur unter unserem Schiff befindlichen) Betonklotz aufsetzten. Beim Schnorcheln stellte sich heraus, dass das Ruderblatt zwar keinen ernstzunehmenden Schaden erlitten hatte, dennoch waren die obersten waren abgeplatzt und so würde das Boot trotzdem in näherer Zukunft zur Reparatur aus dem Wasser müssen. Denn sonst liefen wir Gefahr, dass auf Dauer Wasser ins Ruderblatt eindringen und es zum Aufplatzen bringen könnte. Und dann bräuchten wir schon wieder ein neues und mehrere neue Ruderblätter pro Jahr erschienen uns dann doch zu dekadent. Nach einer weiteren Kalymnos-Umrundung zu zweit inklusive Klettern und einem kurzen Stopp in der Marina Leros zum Wäsche waschen, Ersatzteile kaufen und der bis jetzt nesten Pizza Griechenlands ging es zurück nach Kos. Hier kehrte ich dem Boot vorübergehend den Rücken zu und reiste für eine knappe Woche zum 10-jährigen Examenstreffen (ich werde alt…) und für ein paar Notarztdienste nach Deutschland, während Fredi fleißig am Boot arbeitete und neben vielen anderen Dingen auch ein Dieselleck behob und sogar den Autopiloten und zusammen mit Andreas den Dieselherd zum Laufen brachte.

jedes Schild hat seine Geschichte…