In Nafplion kamen mein Vater und seine Freunde Christian und Jan an Bord. Mein Vater fuhr das erste Ablegemanöver und wir setzten Segel. Mit moderatem Wind, aber gegen eine kurze, spitze Welle kreuzten wir uns den Argolischen Golf hinauf bis zur Bucht Drepanon, wo der Anker für die Nacht fiel. Die neue Genua war riesengroß, sehr schön und lieferte eine sehr gute Performance, wir waren erst einmal sehr zufrieden. Am nächsten Vormittag blieb der Nordwind aus und so fuhren wir nur eine kürzere Strecke unter Motor in die Ankerbucht auf der Nordseite der Insel Spetses. Hier schwammen wir und erkundeten auf einem kleinen Spaziergang die umliegenden Strände, bevor es nach einem kurzen Segelschlag in die moderne Marina Porto Heli zum Übernachten ging. Im kleine “marine store” besorgte Fredi einen neuen Kugelfender und Ruckdämpfer für unsere Festmacherleinen. Am Folgetag frischte der Wind zunehmend auf und während wir mit bahnbrechenden Geschwindigkeiten zwischen Hydra und Peloponnes ostwärts segelten, mussten wir unser Vollzeug immer weiter reffen, bis wir letztendlich nur noch mit kleiner Segelfläche unterwegs waren. Der Anker fiel am östlichsten Zipfel der Peloponnes in einer fast unbewohnten Bucht. Die Nacht war sternenklar und am Horizont sah man bereits das helle Leuchten der Metropole Athen. Leider arbeitete sich die Dünung um mehrere Ecken herum in die Bucht und wir schliefen nur wenige Stunden. Außerdem hatten wir uns inzwischen fast alle an Jans “Heuschnupfen”, der in Wirklichkeit wohl eher eine schwere Erkältung oder COVID-19 gewesen sein dürfte, angesteckt.

 

Beste Voraussetzungen für die lange Überfahrt nach Serifos! Früh morgens starteten wir und motorten durch die unangenehme Welle in Richtung Kykladen. Bereits nach wenigen Stunden war mein durch den Heuschnupfen vorgeschädigter Vater der Seekrankheit zum Opfer gefallen (Details erspare ich euch allen), Fredi und ich prämedizierten uns mit Vomex, Jan konnte der beginnenden Übelkeit durch ausdauerndes Rudergehen ein Schnippchen schlagen und Christian schien einfach immun gegen alles zu sein. Mit zunehmendem Wind konnten wir am Vormittag endlich die Segel setzen und Moana glitt deutlich ruhiger durch die sich weiter aufbauende See. Wir waren schnell unterwegs und so machte das Segeln richtig Spaß. Wind und Welle wurden immer stärker und die höchsten Wellenberge kurz vor Serifos knackten die 2m-Marke. Alles, was nicht niet- und nagelfest war flog durch die Gegend und der Salon sah gegen Ende der Überfahrt aus als hätte eine Bombe eingeschlagen. Dafür waren wir schnell, sehr schnell, und bereits am späten Nachmittag legten wir im Hafen von Livadi an. 8,5h statt der berechneten 11h, damit konnten wir durchaus zufrieden sein! Serifos ist eine meiner Lieblingskykladen: Die tief eingeschnittene Bucht bietet perfekten Schutz und das Wasser ist selbst im Hafen so klar, dass man den Eindruck hat, in ein Aquarium zu blicken und mit dem Schiff regelrecht 7m über dem steinigen Grund zu schweben. Hoch über dem Hafen thront der alte Hauptort der Insel, die Chora, auf einem Berggipfel und aus der Entfernung wirken die weißen Häuser und Gassen wie Zuckerguss auf einem Kuchen. Direkt neben dem Hafen säumt ein langer Strand die Bucht und die Tische und Stühle der Tavernen stehen auf dem Sand direkt am Ufer. Griechische Volksmusik kommt aus den Lautsprechern, alte Herren spielen Karten und trinken Ouzo und Katzen schleichen um die Tische herum, stets auf der Suche nach Gästen, die ihren Fischteller nicht aufessen. Griechenland aus dem Bilderbuch.
Am nächsten Tag blieben wir im Hafen, denn der “Heuschnupfen” hatte mich stark erwischt und ich hing den ganzen Tag nur schlapp herum. Nach einer weiteren Nacht ging es allen besser und Fredi hatte Geburtstag! Traurigerweise gab es dank kaputten Backofens nur einen eingeschweißten Kuchen aus dem Inselladen, aber das würden wir noch nachholen. Der Wind hatte sich inzwischen komplett gelegt und die Welle hatte sich dankbarerweise auch stark reduziert. Unter Motor fuhren wir ein kurzes Stück zur Nachbarinsel Sifnos, wo wir in der malerischen fjordartigen Bucht ganz im Norden der Insel ankerten. Wir schwammen, fuhren SUP, wanderten zur Kapelle oberhalb des Dorfes, besuchten die alte Töpferwerkstatt und aßen in der Taverne am Ufer zu Abend. So wurde es für Fredi doch noch ein schöner Geburtstag.

 

 

 

 

 

 

Auch am nächsten Tag blieb der Wind aus und so mussten wir wieder einmal den Motor bemühen. Auf Ostkurs tuckerten wir nach Paros, wo Fredi ein hervorragendes Anlegemanöver hinlegte (ihr erstes mit Heck zur Pier und Muringleinen) und uns unsere Crew nach einem extrem leckeren Abendessen (vielen Dank an die Crew!) und einer letzten Nacht an Bord verließ.

 

Nach der kurzen Verschnaufpause ging am nächsten Tag der Meltemi wieder los und unter morgens voller Genua, später nur noch einem küchenhandtuchgroßem Stück Vorsegel durchsegelten wir die Passage zwischen Paros und Naxos südwärts. Die “Kleinen Kyladen”, eine Inselgruppe südlich von Naxos, sollte im Insellee von Naxos wohl etwas Schutz vor dem für die komplette kommende Woche angesagten Starkwind bieten und außerdem gab es auf der Insel Schinoussa wohl Kletterfelsen. Gute Gründe, ein paar Tage dort zu bleiben!

Wir ankerten in einer Bucht südlich der Chora und nach vielen Versuchen hatten wir es endlich geschafft, den Anker bombenfest einzugraben. Aber wenn das Windschutz sein sollte, wollten wir gar nicht erst wissen, wie es draußen aussah. Die Böen rissen am Schiff und die Welle arbeitete sich obendrein in die Bucht und obgleich es nur ein Bruchteil der Welle draußen war, war an Schlaf nicht zu denken. Noch etwas restkrank und erholungsbedürftig von der vorigen Woche mit viel Segelstrecke entschlossen wir uns, das Schiff zu verlassen und uns für wenig Geld ein kleines Apartment zu gönnen. Es war ein traumhafter Ort, die Anlage gesäumt von bunt blühenden Blumen, Bäumen und riesigen Rosmarinbüschen, das ganze gleich hinter dem Strand und inmitten des Nichts. Ringsherum waren nur ein paar spärlich bewachsene Weideflächen mit Ziegen und Kühen und über einen Schotterweg erreichte man in 15min bergauf die Chora auf dem Hügel. Von dort gab es einen weiteren Schotterweg in ein anderes kleines “Dorf”, falls man ein paar Häuser so nennen kann, eine befestigte Straße hinunter zum Hafen auf der anderen Seite und einen Schotterweg in die Bucht zwischen unserer Bucht und der Hafenbucht, wo ein Hotel und die Kletterfelsen lagen. Schinoussa lag wirklich noch abseits der ausgetretenen Touristenpfade und so trafen wir auf unseren Wegen immer wieder die gleichen Einheimischen und mit einigen grüßten wir uns nach ein paar Tagen wie mit alten Bekannten. Die Preise des Inselladens waren saftig (4€ für eine kleine 100g-Tüte Haribo und 8€ für ein Stück Talagani-Käse), sodass das Dinieren in der Taverne preislich ähnlich herauskam wie selbst zu kochen und so nutzten wir die Option gleich zwei mal. In einer der beiden gab es nicht einmal eine Speisekarte und der Kellner trug uns die sieben Optionen mündlich vor. Lecker war das Essen sehr und der Ausblick über die verschlafene Insel und das Meer in der Abenddämmerung famos. Als Kontrast sah man am Horizont die hell erleuchtete Touristenhochburg Santorini. Das Klettergebiet war, wer hätte es anders erwartet, wenig frequentiert.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Das Klettern war ein schöner Kontrast zum langen Segeln und es tat gut, sich mal wieder richtig durchzubewegen. Wir waren die einzigen Kletterer auf der Insel und das Gebiet war so wenig begangen, dass wir uns auf dem Zustieg zu den Routen manchmal durch Gebüsche schlagen mussten und der Fels mancherorts leider unangenehm bröselig war. Aber ein paar sehr schöne Routen waren dabei und allein des Naturerlebnis im steilen Canyon mit Ausblick über das Meer war die Mühe wert.

 

Für Samstag war zum ersten Mal etwas weniger Wind und Welle angesagt und so nutzten wir den Tag, gemeinsam mit anderen Booten, für die lange Überfahrt in den Dodekanes mit Übernachtungsstopp auf der einsamen Insel Levitha. Sonntag Mittag erreichten wir bekanntes Territorium: Die Kletterinsel Kalymnos. Glücklich machten wir an einer Muringboje in Emporios fest und nutzten den Rest des Tages zum Klettern.